Der Soldat | Diesen Artikel weiterempfehlen! |
Nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor und dem Kriegseintritt der USA besuchte Kennedy eine Marineoffizierschule in Charleston, South Carolina. Im Anschluß abslovierte er die MTBS-Training Scool (Motor Torpedo Boat Squadron) in Portsmouth, Rhode Island. Nach Abschluss seiner Ausbildung wurde er am 26.03.1943 als Kommandant des Schnellbootes PT-109 in den Pazifik entsandt.
Um die Ereignisse zu verstehen, die in der Nacht vom 01. zum 02. August 1943 zur Versenkung von PT-109 führten, sollte man wissen, daß es sich um eine tiefschwarze mondlose Nacht handelte. Selbst für erfahrene Seeleute ist das Manövrieren unter diesen Bedingungen sehr schwierig.
Dies mag eine Erklärung dafür sein, warum die Mannschaft um Kennedy den schwerfälligen Zerstörer "Amarigi" so spät bemerkte, daß ein Ausweichmanöver nicht mehr möglich war. Ob dies vom Zerstörer vorsätzlich geschah, blieb ungeklärt. Die Crew hatte zusammen mit 14 anderen Schnellbooten die Aufgabe, vier japanische Zerstörer abzufangen. Austragungsort dieser Aktion war die Blackett Strait, südlich von Kolombangara bei den Salomonen Inseln. Der offizielle Chronist der PT-Einsätze bezeichnete sie als "die vielleicht wirrste und ineffektivste Aktion, an der die PT’s je beteiligt wurden". Tatsache ist, daß in dieser Nacht kein einziges japanisches Schiff auch nur beschädigt wurde.
Gegen 2:30 Uhr tauchte eine verschwommene Form in weniger als 300 Metern Entfernung an der Steuerbordseite von PT-109 auf. Kennedy selbst glaubte zunächst an eines der anderen Schnellboote. Als sich dies als Irrtum herausstellte, war es für Gegenmaßnahmen bereits zu spät. Der Zerstörer rammte die 25-Meter lange PT-109 und durchschnitt sie in zwei Teile. Bei der anschließenden Explosion kamen zwei der dreizehn Crewmitglieder ums Leben. Der Rest der Besatzung hatte sich ins Wasser gerettet und trieb nun teilweise schwer verletzt zwischen brennenden Wrackteilen umher. Als das Feuer langsam erlosch versammelten sich die Kameraden nach und nach an dem noch nicht versunkenen Schiffsrumpf. Darunter auch der erheblich verletze Maschinist Patrick McMahon , der von Kennedy über Wasser gehalten wurde. Obwohl die Explosion von PT-109 von anderen PT-Booten wahrgenommen worden war, wurde keinerlei Rettungsaktion eingeleitet. Zum einen hielt man ein Überleben auch nur einzelner Besatzungsmitglieder für extrem unwahrscheinlich. Zum anderen war man für einen offenen Konflikt mit den überall lauernden japanischen Zerstörern nicht ausgerüstet.
Nach etwa vier Stunden erreichten Kennedy und McMahon als erste Kasolo-Island. Nun war es der insbesondere durch Verbrennungen gezeichnete MacMahon, der seinen völlig erschöpften Kameraden zu einer Böschung am Strand schleppte. Einige Zeit später erreichte auch der Rest der Truppe die Insel. Doch auch hier konnten sie nicht bleiben. Bei Tage sahen sie einen japanischen Lastkahn und es wurde ihnen klar, daß hier auf eine Rettung durch amerikanische Schiffe nicht zu hoffen war. Also bewaffnete sich Kennedy mit einer Taschenlampe und einer Pistole und schwamm alleine wieder hinaus in Richtung Ferguson-Passage in der Hoffnung, amerikanische PT-Boote auf sich aufmerksam machen zu können. Dieser Versuch sollte ihn fast sein Leben kosten, denn schon bald geriet er in eine gefährliche Strömung, welche ihn weit abtrieb. Dabei verlor er sowohl sein Bewusstsein als auch seine Taschenlampe. Schließlich wurde er gegen ein Riff getrieben und konnte sich gegen Mittag des nächsten Tages wieder zu seinen Kameraden auf die Insel retten.
Dieser stellte bei seiner Mannschaft fest, daß die besagten Eingeborenen inzwischen auf die Männer gestoßen waren. Dabei handelte es sich um die Kundschafter Biuku Gasa und Eroni Kumana , die hinter den feindlichen Linien spionierten und den Verbündeten Bericht erstatteten. Sie waren von dem Australier Lt. Arthur Evans , der von seinem Posten auf der Insel Kolombangara aus das Wrack von PT-109 beobachtet hatte, ausgesendet worden, um nach den Männern Ausschau zu halten. Kennedy ritzte eine kurze Miteilung in die Schale einer Kokosnuss und gab sie den beiden mit.
Noch nicht ganz an die Rettung glaubend paddelte Kennedy zu seinem alleingelassenen Kameraden Ross zurück um diesen zu holen. Auf der Rückfahrt wurde das Boot jedoch überflutet und kenterte. Die Männer mussten sich zunächst wieder auf die Insel retten. Dort wurden sie von acht Inselbewohnern aufgefunden, die Lt. Evans informierten. Schließlich konnten die überlebenden Besatzungsmitglieder von PT-109 in den frühen Morgenstunden des 8. August durch zwei amerikanische Torpedoboote gerettet werden.
In der internationalen Presse wurde Kennedy anschließend als Kriegsheld gefeiert. Sogar ein Hollywood-Film mit Cliff Robertson in der Hauptrolle erzählte die heldenhafte Geschichte um die Ereignisse von PT-109. In Marinekreisen wurden jedoch verschiedene andere Aspekte des Vorfalls kritisch diskutiert. Unter anderem kam die Frage auf, wie ein wendiges kleines Schnellboot von einem trägen Zerstörer gerammt werden konnte. Auch wurde die Entscheidung Kennedys in Frage gestellt, das Wrack zu verlassen, wo sie bereits viel früher von Evans und seinen Männern hätten gerettet werden können. Hierzu sollte jedoch erwähnt werden, daß die Kameraden um Kennedy selbst zu keinem Zeitpunkt die Entscheidungen und Handlungsweisen ihres Kommandanten in Frage stellten oder nachträglich kritisierten. Im Gegenteil: alle Aussagen und persönlichen Schilderungen der Vorkommnisse sind nicht nur Zeugnisse engster Loyalität, sondern sogar Liebe.
Im Kreise der Familie wurde John F. Kennedy als Held gefeiert, obwohl er selbst dieses differenzierter betrachtete. In den Erzählungen eines Gastes bei der Feier zum 55. Geburtstag seines Vaters berichtet dieser von seiner Übernachtung zusammen mit dem ältesten Bruder von Jack. Joe sen. soll in der Nacht weinend im Bet gelegen und sich schließlich die Faust ballend mit den Worten aufgerichtet haben "Bei Gott, ich werde es ihnen zeigen!" Sein jüngerer Bruder war zuvor während der Feier erneut als Held gepriesen worden. Schon am nächsten Tag flog Joe nach England, wo er später eine geheime Mission übernahm. Er sah seine Familie nie wieder.
John F. Kennedy blieb den Rest des Jahres im Südpazifik. Am 01. September 1943 übernahm er das Kommando über das PT-59, das alsbald in ein Kanonenboot umgerüstet wurde. Nach einigen weiteren Einsätzen machten sich Mitte November Kennedys Rückenprobleme wieder bemerkbar, und auf ärztliche Anweisung wurde er vom Frontdienst und damit von seinem Kommando befreit.
Inzwischen Oberleutnant wurde er bald an die PT-Schule in Melville abkommandiert und kehrte mit dem nächstmöglichen Flugzeug in die Vereinigten Staaten zurück. Dort erhielt er verschiedene Auszeichnungen, u.a. die Navy and Marine Corps Medal sowie für seine Verletzungen das Purple Heart. Anfang 1944 wurde er schließlich zu einer PT-Einheit in Miami versetzt. Viel wichtiger als diese Auszeichnungen sollte sich jedoch der Eindruck in der amerikanischen Bevölkerung erweisen. Nachdem sein älterer Bruder im August 1944 bei einem militärischen Geheimauftrag ums Leben kam beendete Jack im April 1945 seinen Dienst in der Navy.
Die politischen Hoffnungen seines Vaters ruhten nun nicht mehr auf dem Erstgeborenen, sondern auf den Schultern des ältesten überlebenden Kennedy. Somit war der weitere Werdegang von Jack besiegelt und die Ereignisse rund um die Salomonen-Inseln waren stets ein wichtiger Argumentationspunkt, wenn es um die Fähigkeiten des jungen und unerfahrenen Politikers John F. Kennedy ging. Zwar hatte er seinen Heldenmut nicht im direkten Kampf mit dem Feind beweisen können, doch zeigte er in den Tagen des August 1943 seinen hartnäckigen Willen und seine Fähigkeiten zur Führung und Motivation anderer, wobei er stets im Sinne seiner besonderen Verantwortung gegenüber den ihm unterstellten Männern handelte. ♦